Reisebericht Nr. 5: 16. bis 23. April 2010
Ein Auto richtig beladen, das will gekonnt sein. Das sollten wir heute noch mehrfach erfahren. Der Tag 1 startet um 9.30 Uhr mit der Übergabe des Autos, eines Ford Transit bei der Garage Gerbsch in Ittigen. Hans-Peter Zürcher hat bereits 20 Velos geladen, die für die Direkthilfe Rumänien in Miercurea-Ciuc bestimmt sind. Das Auto scheint schon recht voll – nun bin ich gespannt auf die Sammlung des Lions Club Esprit in Bern.
Bei der Nationale Suisse in der Länggasse stapeln sich riesige Mengen an Sachen, die von den Mitgliedern des Lions Club gespendet wurden. Eine Mitarbeiterin hilft mir beim Beladen, sodass ich rechtzeitig bei unserem Präsidenten Hans eintreffe, wo wir nochmals zuladen. Hans und Marie-Thé verwöhnen uns mit einem Abschiedsessen. Ruedi Eggimann und Vincent Blum, die zwei Reisekollegen, sind voller Tatendrang und wir freuen uns alle darauf, dass es losgeht. Eine letzte Aufladestelle bei Ruedi an der Moserstrasse und es geht weiter nach Burgdorf, wo wir nochmals alles aus dem Auto ausladen und es so bepacken, dass kein Quadratzentimeter Platz verloren geht. So schaffen wir es auch noch, weitere Sachen aus unserem Keller in Burgdorf mitzunehmen. Eine kleine Reserve muss noch sein, in Galgenen bekommen wir noch Musikuniformen und in Wangen haben Franz und Anny eine richtige Hilfsaktion gestartet und wir bekommen nochmals viele schöne Sachen. 40 Minuten später ist es bereits 19 Uhr und wir treffen bei den Wilds in Nassen ein, wo wir ein gutes Nachtessen geniessen und übernachten.
Am Morgen um 4 ist Frühstück angesagt und Irmgard lässt es sich nicht nehmen, uns persönlich zu bewirten. Eine halbe Stunde später sind wir unterwegs, fast 1000 km werden wir heute noch fahren. Schon gegen 17 Uhr treffen wir in Mako, im Süden Ungarns ein, wo wir in unserer bereits bekannten Pension übernachten.
Wieder stehen wir früh bereit, diesmal geht’s um 5 Uhr los. Bis zur Grenze sind es nur wenige Kilometer. Und wir fahren auch diesmal nach dem Beantworten von ein paar Fragen problemlos über die Grenze. Die Uhr um eine Stunde vorstellen, und jetzt müssen wir uns auf ein etwas langsameres Vorwärtskommen einstellen. Die Strassen von Arad bis Sibiu sind inzwischen in tadellosem Zustand. Mit ein paar Ausnahmen auch jene bis Sighisoara. Danach müssen wir uns wieder an die Rumpelpisten gewöhnen. Wir kommen aber um 17 Uhr gut in unserer Pension in Ocland an.
Am Montag fahren wir zuerst nach Odorheiu-Seciuesc ins Kinderheim. Zsuzsa wartet bereits auf uns. Bei ihr in der Küche sitzt schon Manfred Ferrari, der mit dem Bus ab Lörrach in 35 Stunden nach Odorheiu gefahren ist. Er wird unter anderem auch Fotos der Kinder machen. Schnell laden wir unsere Sachen aus, die Velos kommen bis auf 2, die für Zsuzsas Kinder bestimmt sind, wieder in den Bus. Denn die wollen wir heute Nachmittag noch bei Franziska Shimo in Miercurea Ciuc ausladen. Dort treffen wir auf einen alten Bekannten, Albert Kuster. Er hat jeweils auch Waren für Rettet Kinder nach Rumänien transportiert. Er fährt immer noch 3 mal pro Jahr von Zollikon nach Rumänien. Weil wir gerade so gut vorwärts kommen, fahren wir noch weiter nach Brasov, wo wir Kollegen von Vincent einen Blitzbesuch abstatten.
Der Dienstag ist ganz Zsusza und ihren Kinder gewidmet. Wir gehen mit ihr essen, besuchen das neue Therapiezentrum und löchern sie die ganze Zeit mit Fragen. Was das Erstaunlichste ist. Zsuzsa, die an Muskelschwund leidet, scheint zum ersten Mal wieder kräftiger zu sein. Musste sie ihren Tee in der Vergangenheit mit einem Strohhalm trinken, schafft sie es jetzt, eine Tasse wieder selber zu heben. Das ist das Highlight unserer Reise, ein wahrer Aufsteller, fast ein Wunder!
Am Mittwoch treffen wir Kolumban Gabor, den Präsidenten der Stiftung. Ein sehr interessanter Mensch, der an der Uni Odorheiu Wirtschaft unterrichtet und lange Jahre als Politiker in Brüssel war. Inzwischen hat er sich aus diesem Metier zurückgezogen und widmet sich nur noch seinen Studenten und seiner Büffelfarm. Er befürchtet, dass Rumänien noch eine Weile an seinen Schulden zu knabbern hat und tendenziell nicht allzu viel Geld für soziale Einrichtungen wie die Orban Foundation aufbringen wird. Er sieht aber ein Umdenken bei sozial verantwortlichen Unternehmen, die sich stärker im Sponsoring engagieren. Zudem ist es heute keine Schande mehr, ein behindertes Kind zu haben und die Betreuung zuhause nimmt zu. Ein Projekt, bessere Unterstützung für Eltern anzubieten, die bestimmte Therapien auch selber durchführen können, ist in der Pipeline. Dort kann eine Institution wie die Orban Foundation viel zum Gelingen beitragen.
Eigentlich wollten wir am Donnerstag früh mit einem Bären-Beobachter in die nahen Wälder, um die grossen Braunen in der Wildnis zu sehen – leider scheint sich Levi, unser Guide, von seinem Trip nach Ungarn zu verspäten, sodass wir auf dieses Erlebnis verzichten müssen. Zudem haben wir kurzfristig entschlossen, am Donnerstag-Nachmittag schon loszufahren, nachdem wir den Vormittag noch mit Zsuzsa verbracht haben. Sie hat uns zu sich nach Hause eingeladen, damit wir dort ihre Buchhaltung studieren können.
So starten wir am Donnerstag um 12.15 Uhr in Odorheiu und machen uns auf den langen Weg nach Hause. Der Abschied von Zsuzsa ist nicht so traurig wie beim letzten Mal, denn wir haben ihr in letzter Minute verraten, dass wir im Oktober wieder kommen. Die Reise führt uns diesmal über die Route Sovata, Tirgu Mures nach Oradea, inkl. dem ersten 50km-Teilstück Autobahn in Siebenbürgen, das erst vor kurzem eröffnet wurde. Unsere Reisezeit verkürzt sich dadurch prompt um 35 Minuten! Noch ahnen wir nicht, dass wir an diesem Tag noch deutlich über Budapest hinaus fahren, sodass wir bereits am Freitag-Abend wieder in Bern und Versoix eintreffen.
Die Reise- und Aufenthaltskosten werden von den 3 Teilnehmenden Judith, Vincent und Ruedi übernommen. Nur die Miete des Fahrzeugs, das uns zu Sonderkonditionen zur Verfügung gestellt wird, belastet die Rettet Kinder Kasse mit 1'000.- Franken. Wir danken an dieser Stelle allen, die uns sehr grosszügig unterstützt haben!
26. April 2010