Reisebericht Hilfstransport 2019; 23. bis 27. März
Reisende: Judith Krauer und Pascal Hofstetter
In den letzten Wochen vor der Abreise waren wir mit Gütern für Rumänien nur so überhäuft worden. Keller und Waschküche platzten aus allen Nähten, und es wurde Zeit, dass wir endlich laden konnten. Der Autovermieter bot uns einen Transporter mit einem Viertel mehr Ladekapazität zum gleichen Preis an. Dass wir noch am Freitag vor der Abfahrt mehr als 2 Paletten voller Hilfsgüter von einem Spital bekommen sollten, wussten wir da noch nicht.
Nun, am Freitag war Packen angesagt und wie bereits mehrfach konnte ich auf die Hilfe von Ruedi Eggimann vertrauen. Von Beginn weg war klar, dass nicht alles Platz hatte, aber was wir am Ende dann doch in den Transporter brachten, war auch diesmal erstaunlich. Drei Stunden sorgfältiges Packen brachte wohl das Auto etwas an die Belastungsgrenze, aber es sollte die 1900 km bis Odorheiu-Secuiesc nichts mehr rutschen können.
Die Reise
Am Samstag-Morgen kurz vor 4 startete die Reise in Burgdorf, mein Mitfahrer Pascal wartete um 5 Uhr in Bülach auf seinen Einsatz. Er sollte den grössten Teil der Reise dann das Steuer in der Hand halten und uns sicher ans Ziel führen.
Bei wunderschönem Wetter reisten wir über St. Gallen – Au – München – Passau – Wien – Budapest – Szeged bis nach Màko.
Das Personal der Pension, die wir wegen der neuen Autobahn, die heute an Mako vorbeiführt, schon länger nicht mehr besucht hatten, empfing uns in gewohnter Manier: Hausgebrannter Zwetschgenschnaps nach der langen Reise. Der obligate Spaziergang zur Tisza/Theiss, dem grössten Nebenfluss der Donau bei Sonnenuntergang gehört zum Ende des Tages wie auch ein Nachtessen im Restaurant gleich neben der Pension.
Früh am Sonntag machten wir uns auf den zweiten Teil der Reise. Wie weit wäre die Autobahn bereits wieder gewachsen? Auch diesmal hiess es bei Faget: Fertig Schnellstrasse. Lastwagen und PKWs quälen sich dann knapp 70 km durch die Hügel, bevor die schnelle Fahrt dann in Deva wieder aufgenommen werden kann. Bis Sibiu ist es dann ein Katzensprung. Und auch die zwei Stunden über Medias und Sigisoara bis nach Odorheiu vergehen wie im Flug. Nachmittags um 14 Uhr fahren wir bei Agnes, Ekaterina und Andràs vor. Begrüssungsschnaps muss sein! Und dann los ans Abladen. Andràs hat die Paletten bereitgestellt und der Schopf füllt sich schnell mit unseren Waren. Nach unserer Abreise wird dann hier ausgepackt und sortiert. Was das Kinderhaus nicht brauchen kann, dafür gibt es mehr als genug Abnehmer. Den wenigen, die viel besitzen, steht eine grosse Bevölkerungsschicht gegenüber, die gar nichts haben.
Wir führen an diesem Nachmittag die ersten Gespräche über die Lage im Kinderhaus und Therapiezentrum, dürfen uns aber auch verwöhnen lassen. Kathi (Ekaterina) hat sicher tagelang für uns gekocht – und wer all die Mengen, die da köstlich vor uns auf dem Tisch präsentiert werden, 3/5 jemals essen soll, ist ein Rätsel. Wir werden uns auch am Folgetag überessen und Andràs wird uns am Abreisetag noch alle Leckereien einpacken und mit auf den Weg geben. Rumänische Gastfreundschaft heisst immer auch, dass man anschliessend noch ein paar Fastentage planen sollte.
Ein Kurzbesuch im Kinderhaus liegt noch am ersten Tag drin. Am Montag erwartet uns am Morgen bereits Agnes (die Heimleiterin), eine Ungarisch-Deutsch-Übersetzerin und einige Personen aus der Leitung der verschiedenen Abteilungen des Kinderhauses.
Mit ihnen besprechen wir dann während knapp 4 Stunden die wichtigsten Themen. Anschliessend Besuch im Therpiezentrum, wo wir sogleich die Stunde eines autistischen Mädchens verfolgen können. Ein neuer Spezialist auf diesem Gebiet konnte für 3 Tage pro Woche gewonnen werden. Erstaunlich, wie die Eltern bereits nach einer Stunde Behandlung bei ihren Kindern Fortschritte erkennen können. Sie werden in den ganzen Prozess mit einbezogen und erhalten alle zwei Wochen selber Unterricht, wie sie mit ihren Kindern umgehen sollen.
Das Therapiezentrum ist inzwischen eine Anlaufstelle für ganz viele Eltern geworden. Pro Woche werden zwei bis vier neue Fälle abgeklärt und mit mehr als 100 Kindern, die wöchentlich das Zentrum besuchen, platzt es inzwischen aus allen Nähten.
Neubau Wohn- und Therapiezentrum
Der Plan eines Neubaus liegt schon länger auf dem Tisch. Nun könnte es Realität werden. Ein grosszügiger Spender aus den Niederlanden wird mehr als die Hälfte der Kosten übernehmen, weitere grosszügige Spenden von Handwerkern sind da. Die letzten Änderungen in den Bauplänen wurden nachgetragen und nun heisst es warten auf das finale OK der Behörden.
Rettet Kinder wird sich finanziell am Bau nicht beteiligen. Wir werden aber helfen, Spender zu finden für einzelne, spezifische Einrichtungen, die sie im neuen Therapiezentrum brauchen. Wir würden uns freuen, wenn die Orbàn Stiftung diesen Neubau realisieren könnte. Die Betriebskosten könnten damit deutlich gesenkt werden (Mieten fallen weg, das Heizen wird günstiger), und das örtliche Zusammenführen von Therapie und Wohnen führt zu schlankeren Abläufen.
Nach zwei intensiven Tagen in Odorheiu-Secuiesc fahren wir am Dienstag-Morgen um 5 Uhr wieder los. Mit dem leichten Bus scheinen wir über die Strassen zu fliegen, der Wind auf Ungarns Ebenen macht das Fahren aber dann doch anstrengend. Wollen wir auf dem Heimweg über Salzburg oder doch Passau? Passau gewinnt und wir können das Städtchen im Abendlicht noch erkundigen. Jedesmal wenn wir hier durchfahren, kommt die obligate Frage: Welche drei Flüsse fliessen hier zusammen? Vielleicht wissen wir es auch im kommenden Jahr noch, wenn wir wieder hier vorbeifahren. Aus dem Westen die Donau, aus dem Süden der Inn und aus dem Norden die Ilz.
Am Mittwoch-Morgen fahren wir bei Regen wieder um 5 Uhr los, in München schneit es sogar leicht. Dankbar, dass die Reise ohne Zwischenfälle verlaufen ist und es unseren Kindern gut geht, kommen wir am Mittwoch in die Schweiz zurück, laden hier bereits schon wieder zwanzig Säcke mit
Hilfsgütern, die dann Stephan und Sabina anlässlich ihres Besuches im September mit vielen anderen Waren überbringen werden.
Diese wie alle Reisen nach Rumänien bezahlen wir immer privat. Es wird kein Spendengeld dafür verwendet.